Lebensmittelunverträglichkeiten
Die Vielfalt der Lebens­mit­tel in unseren Breiten­gra­den scheint schier endlos Bild: © Reinhold Tscher­witschke | Dreamstime.com

#1: Lebens­mit­tel­un­ver­träg­lich­kei­ten oder Aller­gie – was ist der Unter­schied?

Aller­gien und Lebens­mit­tel­un­ver­träg­lich­kei­ten sind nicht das Gleiche, auch wenn sie durch­aus ähnli­che Symptome auslö­sen können.

Bei einer Aller­gie reagiert das Immun­sys­tem auf bestimmte Nahrungs­mit­tel (zum Beispiel Nüsse): Es hält diese irrtüm­lich für schäd­lich, wodurch eine Immun­re­ak­tion ausge­löst wird. Es kann zu Juckreiz, Hautaus­schlag, aber auch zu Magen-Darm-Reaktio­nen kommen.

Die Lebens­mit­tel­un­ver­träg­lich­keit stellt hinge­gen keine Immun­re­ak­tion dar. Sie entsteht, wenn der Darm nicht in der Lage ist, bestimmte Nahrungs­mit­tel zu verdauen.

Die Beschwer­den bei Unver­träg­lich­kei­ten sind sehr vielfäl­tig. Je nach Art der Unver­träg­lich­keit kommt es zu Blähbauch, Bauch­schmer­zen oder Durch­fall, aber auch zu Kopfschmer­zen, Atempro­ble­men oder Hautre­ak­tio­nen.

#2: Welche Unver­träg­lich­kei­ten gibt es?

Menschen mit zum Beispiel Lakto­se­into­le­ranz vertra­gen nur geringe Mengen an Milch­zu­cker. Ihnen fehlt das Enzym Laktase, mit dessen Hilfe der Milch­zu­cker im Darm aufge­spal­ten wird.

Dadurch gelangt der Zucker in den Dickdarm und wird dort zerlegt, was zur Gasbil­dung führt. Lakto­se­into­le­ranz gilt in der westli­chen Welt als Unver­träg­lich­keit, ist aber in Afrika und Ostasien die Norm: Dort vertra­gen bis zu 90 Prozent der Menschen keine Laktose. In Deutsch­land sind es hinge­gen nur 15 Prozent der Bevöl­ke­rung.

Auch der Frucht­zu­cker, die sogenannte Fruktose, löst bei vielen Menschen Verdau­ungs­be­schwer­den aus. Bei jedem Menschen ist die Menge Frucht­zu­cker, die im Darm verar­bei­tet werden kann, begrenzt, bei einigen Menschen ist sie jedoch sehr stark einge­schränkt. So führen schon geringe Obstmen­gen zu Beschwer­den.

Auch der Konsum von Getreide kann bei machen Menschen zu körper­li­chen Beschwer­den führen. Schuld daran ist das darin enthal­tene Kleber­ein­weiß Gluten.

Die Ursache hierfür kann in einer Aller­gie des Sofort­typs, einer Sensi­ti­vi­tät gegen Gluten bezie­hungs­weise Weize (Gluten­in­to­le­ranz) ohne Darmver­än­de­rung oder in der Autoim­mun­erkran­kung Zölia­kie liegen. Letztere führt zu einer chroni­schen Entzün­dung der Dünndarm­schleim­haut.

Zölia­kie kann zu ernst­haf­tem Nährstoff­man­gel führen, da Gluten in sehr vielen Nahrungs­mit­teln vorkommt. Betrof­fene sollten am besten mit einer spezia­li­sier­ten Ernäh­rungs­be­ra­tung zusam­men­ar­bei­ten.

Die Histamin­in­to­le­ranz gilt als die am schwers­ten zu beschrei­bende Unver­träg­lich­keit. Denn der Stoff Histamin kommt im mensch­li­chen Körper vor, findet sich aber auch in Lebens­mit­teln oder wird durch bestimmte Lebens­mit­tel im Körper freige­setzt. In hohen Dosen löst Histamin bei allen Menschen Reaktio­nen aus, zum Beispiel bei einer Fisch­ver­gif­tung.

Bei manchen Menschen ist die verträg­li­che Dosis aller­dings sehr gering, was vermut­lich mit Enzymen wie der Diamin­oxi­dase zusam­men­hängt.

Anders als bei Reaktio­nen auf Fruktose oder Laktose ist es für die Betrof­fe­nen sehr schwer, bestimmte Lebens­mit­tel als Ursache ihrer Probleme zu identi­fi­zie­ren, da die Reaktio­nen durch so unter­schied­li­che Lebens­mit­tel wie Rotwein, Parme­san oder Innereien ausge­löst werden. Auch hier ist eine spezia­li­sierte Ernäh­rungs­be­ra­tung empfeh­lens­wert.

#3: Hilft ein IgG-Test bei der Diagnose?

Beim IgG-Test wird unter­sucht, ob sich im Blut des Patien­ten bestimmte Antikör­per, die sogenann­ten Immun­glo­bine befin­den.

Was viele nicht wissen: Unser Immun­sys­tem bildet Antikör­per, um gefähr­li­che von ungefähr­li­chen Stoffen zu unter­schei­den – also nicht nur bei schäd­li­chen, sondern auch bei unschäd­li­chen Stoffen.

Bei Nahrungs­mit­teln, die man oft isst, werden auf jeden Fall Antikör­per gebil­det, sodass das Vorhan­den­sein von IgG-Antikör­pern im Blut völlig normal ist und keine Krank­heit anzeigt.

#4: Sind Unver­träg­lich­kei­ten heilbar?

Viele Unver­träg­lich­kei­ten bessern sich durch eine entspre­chende Ernäh­rungs­um­stel­lung. Nach einer Karenz­zeit, in der der belas­tende Stoff vermie­den wird, kann nach und nach die Menge von Milch­zu­cker, Frucht­zu­cker oder Histamin in der Nahrung wieder erhöht werden.

Eine Ausnahme bildet die Zölia­kie: Diese ist nicht heilbar, obwohl auch hier die Beschwer­den durch eine gluten­freie Ernäh­rung reduziert werden können. Die Betrof­fe­nen müssen diese Ernäh­rungs­um­stel­lung aller­dings ihr ganzes Leben lang durch­hal­ten.

#5: Sind „frei von …“-Lebens­mit­tel gesün­der?

Oft entwi­ckeln sich ausge­hend von realen Beschwer­den Ernäh­rungs­trends. Promi­nente berich­ten in den Sozia­len Medien darüber, wie viel besser sie sich durch eine gluten- oder histamin­arme Ernäh­rung fühlen.

Viele Super­märkte folgen dem Trend und haben ganze Regale mit Lebens­mit­teln, die frei von Gluten, Laktose oder Fruktose sind – was für die Betrof­fe­nen eine ernorme Erleich­te­rung beim Einkau­fen bedeu­tet.

Daraus sollte man aber nicht ablei­ten, dass eine entspre­chende Ernäh­rungs­weise gesund­heit­li­che Vorteile hat. Für Menschen, die alle Lebens­mit­tel problem­los vertra­gen, (also keine Lebens­mit­tel­un­ver­träg­lich­kei­ten haben) gibt es keinen Grund, Ausschluss­diä­ten zu folgen.

Auch die Deutsche Gesell­schaft für Ernäh­rung (DGE) warnt ausdrück­lich davor, ohne ärztli­che Diagnose ganze Lebens­mit­tel­grup­pen aus dem eigenen Speise­plan zu verban­nen – die Gefahr einer Mangel­er­näh­rung ist zu groß.