
#1: Gemeinsamer Bundesausschuss – was ist das?
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G‑BA) ist das wichtigste Organ der Selbstverwaltung im deutschen Gesundheitswesen. Er wurde 2004 durch das GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) eingesetzt und legt im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben im Detail fest, wie der Leistungsanspruch der Versicherten von den gesetzlichen Krankenkassen umgesetzt wird.
Beauftragt wird der G‑BA von Bundestag und Bundesrat. Er steht unter der Aufsicht des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) und wird bei seiner Entscheidungsfindung von unterschiedlichen Instituten beraten, zum Beispiel dem Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG).
#2: Aufgaben & Kompetenzen des G‑BA
In erster Linie beschließt beziehungsweise aktualisiert der G‑BA Richtlinien wie zum Beispiel die Arzneimittel-Richtlinie, die Hilfsmittel-Richtlinie oder die Qualitätsmanagement-Richtlinie.
In diesen Richtlinien wird entschieden, welche Leistungen die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen. Dabei darf der G‑BA Leistungen ausschließen oder einschränken, wenn er ihren diagnostischen oder therapeutischen Nutzen, die medizinische Notwendigkeit oder die Wirtschaftlichkeit nach dem allgemeinen Stand der medizinischen Erkenntnis als nicht erwiesen ansieht.
Zwar sind diese Richtlinien keine Gesetze, trotzdem sind sie für gesetzlich Versicherte und Kassen verbindlich. Sie decken sowohl ambulante Behandlungen bei Ärzten, Zahnärzten und Therapeuten ab wie auch die Behandlung in Krankenhäusern.
#3: Wer ist Mitglied im Gemeinsamen Bundesausschuss?
Der G‑BA besteht aus vier sogenannten Trägerorganisationen:
- Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV)
- Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV)
- Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG)
- Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband)
Diese benennen insgesamt zehn Mitglieder, die das Beschlussgremium des G‑BA bilden. Hinzu kommen drei unparteiische Mitglieder, die von den Trägerorganisationen einvernehmlich vorgeschlagen werden.
Diese 13 Personen – das sogenannte Plenum – sind für sechs Jahre im Amt, die aktuelle Amtsperiode des G‑BA endet am 1. Juli 2028. Geleitet wird das Plenum von einem oder einer Vorsitzenden, die eines der unparteiischen Mitglieder sein muss.
Zwar sind auch Patienten- und Selbsthilfeorganisationen im G‑BA vertreten, allerdings haben sie kein Stimmrecht, sondern nur Antrags- und Mitberatungsrechte. Aktuell sind folgende Organisationen berechtigt, Patientenvertreter für den G‑BA zu bestimmen:
- Deutscher Behindertenrat (DBR)
- BundesArbeitsGemeinschaft der PatientInnenstellen (BAGP)
- Deutsche Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen e. V.
- Verbraucherzentrale Bundesverband e. V.
Organisationen, die nicht Mitglied in einem dieser Verbände sind, können auf Antrag durch das Bundesgesundheitsministerium anerkannt werden.
#4: Themen des G‑BA: Von Impfung bis Cannabis
Die Themen, mit denen sich der Gemeinsame Bundesausschuss beschäftigt, sind sehr vielseitig. Seine Richtlinien regeln Details zu medizinischen Behandlungen, zum Beispiel, unter welchen Umständen die Verordnung von Cannabis von den Krankenkassen genehmigt werden muss.
Er passt die Richtlinie zu Schutzimpfungen an die Empfehlungen der STIKO an oder regelt in der Psychotherapie-Richtlinie Details zu ambulanten psychotherapeutischen Behandlungsformen, zum Antrags- und Gutachterverfahren und zum Leistungsumfang.
Darüber hinaus gibt es auch Richtlinien für organisatorische Themen wie die Qualitätsmanagement-Richtlinie oder die Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie, die Regeln über die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit und die Maßnahmen zur stufenweisen Wiedereingliederung festlegt.
#5: Kritik am Gemeinsamen Bundesausschuss
Aufgrund seiner weitreichenden Kompetenzen muss sich der G‑BA einiges an Kritik gefallen lassen:
- Patienten haben keine Stimme: Patientenvertreter können nur von vier Verbänden benannt werden und dürfen nicht abstimmen. Als Organisation aufgenommen zu werden, wenn man nicht Mitglied in einem der Verbände ist, ist zwar theoretisch möglich, praktisch aber kaum machbar. So hatte sich die Deutsche Stiftung Patientenschutz zwischen 2014 und 2018 erfolglos um die Aufnahme von eigenen Vertretern bemüht.
- Pflegende ohne Einfluss: Auch die Pflegenden, zahlenmäßig die größte Gruppe im Gesundheitswesen, haben kaum Einfluss auf Entscheidungen. G‑BA-Vorsitzender Josef Hecken hatte im Mai 2022 für Diskussionen gesorgt, als er sich entschieden gegen ein Stimmrecht für den Deutschen Pflegerat aussprach.
- Umstrittene Bewertungskriterien: Menschen mit chronischen Erkrankungen leiden oft darunter, dass der G‑BA teurere Medikamente oder Therapieformen nur mit dem Nachweis eines Zusatznutzens akzeptiert. Dabei gilt eine Verbesserung der Lebensqualität allerdings nicht als Zusatznutzen, da sie schwer empirisch nachweisbar ist. So wurden zum Beispiel kontinuierliche Glukosemess-Systeme (CGMs), die es Eltern von diabetischen Kindern ermöglichen, nachts durchzuschlafen, sehr lange nicht anerkannt, da sie zwar den Alltag für Patienten und Angehörige angenehmer machen, aber keinen therapeutischen Zusatznutzen bei der Behandlung des Diabetes erbringen.