Bipolare Störung: Allgemeine Informationen
Die Bipolare Störung heißt so, weil das Krankheitsbild zwei Ausprägungen kennt: die Manie und die Depression. Früher nannte man die Krankheit auch „manisch-depressiv“. Die Bipolare Störung gehört zu den häufigsten psychiatrischen Krankheiten in Deutschland, schätzungsweise 1,5 bis 5 % der Bevölkerung sind betroffen. Viele der Erkrankungen bleiben jedoch unentdeckt. Kennzeichen der Bipolaren Störung sind völlig übersteigerte Stimmungsschwankungen, die entweder ohne Anlass oder nach einer bestimmten Lebenssituation auftreten. Die betroffene Person durchläuft ein Wechselbad von himmelhoch-jauchzend (Manie) bis zu Tode betrübt (Depression). Der Verlauf kann dabei sehr individuell sein, die manischen/depressiven Episoden können Tage, Wochen, Monate oder auch Jahre dauern. Dazwischen können Phasen liegen, in denen die betroffene Person völlig beschwerdefrei ist.
Zudem liegt das Selbstmordrisiko bei Menschen mit Bipolarer Störung um den Faktor 20 höher als in der Allgemeinbevölkerung.
„Ich saß mit meinem Manager und meiner Familie zusammen und sprach mit ihnen darüber, ob ich meine Probleme öffentlich machen sollte. Ich wusste: Es gab zwei Möglichkeiten. Entweder rede ich nicht über meinen Klinikaufenthalt und hoffe, dass keiner davon erfährt. Oder ich spreche offen darüber und mache Menschen Mut, sich bei Problemen Hilfe zu suchen. Und das habe ich dann getan.“
Demi Levato, Sängerin und Schauspielerin
Bipolare Störung: Das Krankheitsbild
Die manische Seite
Eine Manie (von altgr. „mania“ = Wut, Raserei, Wahnsinn) äußert sich durch ein intensives Hochgefühl, gute Laune und erhöhte persönliche Leistungsbereitschaft. Die betroffene Person empfindet sich als außergewöhnlich kreativ und schöpferisch – sie ist euphorisch. Die Schwierigkeit liegt darin, dass der Maniker hartnäckig leugnet, irgendein Problem zu haben und dann ggf. im Extremfall gegen den eigenen Willen in eine geschlossene Station eingewiesen wird. Die eigene Hochstimmung kann schnell in Gereiztheit umschlagen, auch hat der Patient meist einen hohen Rededrang gegenüber anderen und ist distanzlos. Gedankensprünge gehören ebenso zu dieser Krankheit wie Sprunghaftigkeit im Handeln: Vieles wird angefangen und kaum etwas zu Ende geführt. Auch moralische Schranken fallen: oft verhält sich die betroffene Person sehr anders als sie es im Normalzustand tun würde.
Die depressive Seite
Die Depression ist das Gegenteil von der Manie und äußert sich durch gedrückte Stimmung, Interessensverlust, Freud- und Ausdruckslosigkeit. Der Antrieb ist deutlich reduziert. Die Gefühlswelt ist erloschen – Denken, Handeln und Körper sind betroffen. Weitere wichtige Symptome können sein, dass die betroffene Person viel grübelt und sich pessimistische Zukunftsperspektiven ausmalt. Appetitverlust ist möglich, aber auch das Gegenteil. Depressive Menschen können sich nur schwer konzentrieren und haben Aufmerksamkeitsstörungen. Auch fällt es ihnen schwer, Entscheidungen zu treffen. Schließlich treten Gefühle der Wertlosigkeit und Schuldgefühle hinzu. Auch Suizidgedanken sind möglich, die diese Episode der Bipolaren Störung sehr gefährlich machen.
Die Varianten der Erkrankung
Ausprägung und Abstand zwischen depressiven und manischen Episoden variieren stark. Bei etwa einem Fünftel der Betroffenen treten sogar ausschließlich manische oder depressive Phasen auf. Die Bipolare Störung wird deshalb in mehrere Formen unterteilt:
- Bipolar-I-Störung: im Wechsel auftretende depressive und manische Phasen
- Bipolar-II-Störung: im Wechsel auftretende depressive und (nur) leicht manische Phasen (=hypomane Phasen)
- Zyklothymia: im Wechsel auftretende depressive und manische Phasen in deutlich abgeschwächter Form
Die Krankheit erkennen
Eine Bipolare Störung ist nicht einfach zu diagnostizieren, da die Abgrenzung etwa zu Depressionen nicht immer eindeutig ist. Deshalb ist eine sehr ausführliche Anamnese (Erfragung der Vorgeschichte des Betroffenen) erforderlich. Hierfür gibt es standardisierte Fragebögen, die Ärzten zur Verfügung stehen. Aufgrund der starken genetischen Komponente wird dabei auch der Blick auf die Eltern gerichtet. Geschulten Fachärzten gelingt es meist besser, die richtige Diagnose zu stellen, als Hausärzten.
Auch wenn natürlich nur ein Facharzt eine kompetente Diagnose stellen kann, so klar ist auch der Wunsch vieler, schnell und vor allem anonym erste Hinweise zu überprüfen. Hierzu haben verschiedene medizinische Webseiten einen Selbsttest entwickelt. Wir verlinken hier auf den Test von netdoktor.de, raten aber stets zu einem Arztbesuch, falls ein Verdacht auf Bipolare Störung besteht!
Bipolare Störung: Die Behandlung
Bei der Behandlung der Bipolaren Störung muss man unterscheiden, ob sie akut stattfindet, der Erhaltungstherapie dient oder der Rückfallvorbeugung. Im Akutfall geht es darum, den Leidensdruck der betroffenen Person zu reduzieren und die Krankheitseinsicht wiederherzustellen. In der Erhaltungstherapie wird die Situation des Patienten oder der Patientin weiter stabilisiert, um einen Rückfall zu verhindern. Die Rückfallvorbeugung ist langfristig geplant und soll weitere Krankheitsepisoden verhindern. Während der Akutbehandlung werden Interventionsmedikamente gegeben, z.B. Antidepressiva. Langfristig kommen Stimmungsstabilisatoren wie Lithium zum Einsatz. Psychotherapie sollte sich eher mit dem Hier und Jetzt (Krankheit) als mit dem Warum beschäftigen.
Medikamentöse Behandlung
Menschen mit Bipolarer Störung bedürfen in der Regel einer medikamentösen Behandlung, um ihre starken Stimmungsschwankungen in den Griff zu kriegen und ein relativ normales Leben führen zu können. Dabei werden hauptsächlich stimmungsstabilisierende Medikamente wie Lithium, Antiepileptika und atypische Neuroleptika eingesetzt, in unterschiedlichen Kombinationen, je nach Episode. In der Akutphase müssen manchmal zusätzlich Antidepressiva oder Sedativa verabreicht werden. Hierbei ist eine exakte Befolgung der ärztlichen Anweisungen erforderlich, da das selbständige Anpassen der Dosis oder plötzliche Absetzen der Medikamente schwerwiegende Folgen haben kann.
Elektrokrampftherapie
Schnellere Ergebnisse, als die medikamentöse Behandlung, die mehrere Wochen benötigt, um Wirkung zu zeigen, bringt die Elektrokrampftherapie. Auch wenn viele bei diesem martialischen Begriff zusammenzucken, handelt es sich hier doch um eine schmerzlose Behandlungsmethode, die unter Vollnarkose vorgenommen wird. Dabei werden dem Patienten Elektrode angelegt, die einen kurzzeitigen Krampfanfall auslösen. Die Methode wird besonders bei akut suizidgefährdeten Menschen eingesetzt und zeigt weniger Nebenwirkungen als viele der verschriebenen Medikamente. Allerdings ist sie nicht für jeden und jede geeignet: Bei Schwangeren, Älteren und Menschen mit Herzerkrankung sollte sie nicht angewendet werden.
Wachtherapie
Es klingt banal, ist aber bei vielen Menschen wirksam, die von einer Bipolaren Störung betroffen sind: Unter ärztlicher Aufsicht wird dem Patienten für eine Nacht Schlafentzug verordnet. Dies sorgt oft für eine Stabilisierung des Gemütszustandes und kann dann in gewissen Abständen wiederholt werden. Da die Schlafreduktion aber eine manische Episode auslösen kann, ist zur Absenkung des Risikos eine begleitende Medikamentengabe sinnvoll.
Psychotherapeutische Behandlung
Für allen Betroffenen ist eine zusätzliche psychotherapeutische Behandlung sinnvoll, da diese konkret das Verhalten analysieren und verändern kann. Hierbei ist auch eine Einbindung von Angehörigen empfehlenswert. Vor allem die Interpersonelle und Soziale Rhythmus-Therapie (IPSRT) sowie die Familien-Fokussierte Therapie (FFT) haben sich bei Bipolarer Störung als wirksam erwiesen.
Bipolare Störung: Die Betroffenen
Als eine der häufigsten psychiatrischen Krankheiten in Deutschland, sind schätzungsweise 1,5 bis 5 Prozent der Bevölkerung von einer Bipolaren Störung betroffen.
Selbsthilfegruppen
Die Bipolare Störung stellt eine enorme Belastung für Erkrankte, aber auch ihre Freunde und Angehörigen dar. Da ein wesentliches Ziel der Behandlung ist, den Patienten/die Patientin permanent bewusst zu machen, dass sie ein Problem haben, haben sich in Deutschland mehr oder weniger flächendeckend Selbsthilfegruppen gebildet. Manche sind gemischt, andere nur für Betroffene oder ihre Angehörigen. Allein schon auf der Website der Deutschen Gesellschaft für Bipolare Störungen (DGBS) e.V. sind über 140 solcher Gruppen aufgelistet. Aber auch die Nationale Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen (NAKOS) kann bei der Suche nach der passenden Gruppe helfen.
Prominente (Ex-)Patienten und Patientinnen
Viele berühmte Kulturschaffende litten oder leiden an der Bipolaren Störung, so bspw. auch die Star-Wars-Schauspielerin Carrie Fisher. In den manischen Phasen laufen diese Menschen zur Hochform auf und sind kreativ und schöpferisch tätig. Leider folgt dann irgendwann der Absturz in die Depression.
Die walisische Schauspielerin Catherine Zeta-Jones (u.a. Die Maske des Zorro, Ocean’s 12, R.E.D. II) macht inzwischen kein Geheimnis mehr aus ihrer Bipolaren Störung. „Ich hatte nie vor, damit so offen umzugehen. Ich habe diese britische steife Oberlippe – so etwas posaunt man doch nicht heraus“, sagt sie in einem Interview. Als es dann doch herausgekommen sei, habe sie gewusst, dass sie nicht die einzige ist, die damit Tag für Tag klarkommen muss. „Wenn ich also jemandem damit geholfen habe, über Depression oder Bipolare Störung zu sprechen – dann ist das toll.“
Die erfolgreiche Pop-Sängerin Demi Levato hatte früh mit einer Bipolaren Störung zu kämpfen. Mittlerweile hat sie ihr Drogenproblem in den Griff bekommen und setzt sich bei der Aufklärung über psychische Erkrankungen ein. Mit ähnlichen Widrigkeiten hatte auch Schauspieler und Regisseur Mel Gibson zu kämpfen (Braveheart, Die Passion Christi). Sein „Outing“ in einer 2008 erschienenen Dokumentation, warf jedoch auch zahlreiche Fragen auf. Auch Grammy-Preisträgerin Macy Gray hat trotz ihrer Erkrankung, die sie 2007 in der britischen Tageszeitung Daily Mail enthüllte, eine erfolgreiche Karriere im Musikbusiness und auf der großen Leinwand vorzuweisen.
„Wenn Du durch die Hölle gehst, dann lauf weiter.“
Winston Churchill, ehemaliger britischer Premierminister
Auch in der Politik treten immer wieder Fälle auf, wenngleich hier aus naheliegenden Gründen selten die Bereitschaft einhergeht, offen mit der Erkrankung umzugehen. Eine Ausnahme bildet der US-Politiker Patrick J. Kennedy, Neffe des ermordeten Präsidenten John F. Kennedy. Er sprach offen über seine Alkoholprobleme und Bipolare Störung. Seit einiger Zeit setzt er sich auch für die Entstigmatisierung psychischer Krankheiten ein. Vom ehemaligen britischen Premierminister Winston Churchill vermutet man stark, dass er an einer Bipolaren Störung litt. Aus zuverlässigen Quellen ist überliefert, dass er oft 18 Stunden am Tag durcharbeitete, nur um danach in schwere Depression zu verfallen.
Autobiografien und Ratgeber
Der Roman „Die Welt im Rücken“ des Schriftstellers Thomas Melle erhielt viel Lob im Feuilleton. Melle beschreibt darin seine eigene Bipolare Erkrankung und wie er mit ihr im Alltag zurecht gekommen ist. Die literarische Herangehensweise und die Sprachgewalt Melles ermöglichen einen neuen, frischen und differenzierten Zugang zur Bipolaren Störung.
Die renommierte Psychologin und Schriftstellerin Kay Redfield Jamison hat zahlreiche Standardwerke zum Thema psychischer Erkrankungen verfasst. Besonders bekannt sind „Meine ruhelose Seele“ sowie „Berührt vom Feuer“. Letzteres bildete die Inspiration für den gleichnamigen Film unter der Regie von Paul Dalio.
2 Kommentare
Zusatz zu Fakt 3:
In der Depression treten zwar häufig Suizidgedanken auf, meist ist der Antrieb aber so stark verringert, dass die Umsetzung „zu anstrengend“ ist und deshalb nicht stattfindet.
Gefährlich ist der Umschwung zur Manie, wenn in der Depression konkrete Szuzidvorstellungen vorhanden waren, oder Medikamentöse Behandlung, die zuerst auf den ANtrieb und dann auf die Stimmung wirkt. In diesen Situationen können die Suizidgedanken nämlich noch aktuell und akut sein und zusätzlich ist jetzt auch der Antrieb, der die Durchführung ermöglicht vorhanden
Es wird Zeit dass solche Erkrankungen ernst genommen werden, auch die Politik sollte sich damit auseinander setzen. kein Mensch kann etwas für eine Erkrankung , was auch immer es ist. dadurch ins Gesellschaftliche und sehr oft auch ins finazielle Abseits zu rutschen ist ein absolutes no go. Es sollte viel mehr Unterstützung geben .Die Erkrankten haben oft auch Angst zu sagen was sie haben. Gesellschaftlich ist eine Psychische erkrankung immer noch ein Makel. ach der hat eine Meise oder stell dich nicht so an. Da muss noch viel geschehen ! Mein Sohn ist erkrankt und ich weiß wovon ich spreche. in den tief phasen hat er auch Halluzinazionen . nach dieser Phase ist alles okay, dann erinnert er sich an nichts,es ist dann für ihn schwer diese Erkrankung zu kazeptieren. geht es ihm gut rutscht er aus dem Hilferaster raus. es ist schwer für die Fanilie , die auch an ihre grenzen kommt.