#1: Besetzung freier Arbeitsplätze durch Menschen mit Behinderung
Nach § 164 Absatz 1 des Neunten Buchs Sozialgesetzbuch (nachfolgend abgekürzt mit SGB IX) ist der Arbeitgeber im öffentlichen Dienst verpflichtet zu überprüfen, ob eine freie Arbeitsstelle durch einen schwerbehinderten Menschen besetzt werden kann. Dabei hat er insbesondere die bei der Agentur für Arbeit gemeldeten Menschen mit Behinderung zu berücksichtigen. Der Arbeitgeber muss sich bei der Agentur erkundigen, ob es einen fachlich geeigneten Bewerber für die freie Stelle gibt.
Auch eine neu ausgeschriebene Stelle im Betrieb ist vom Arbeitgeber bei der Agentur für Arbeit zu vermelden. Nimmt der Arbeitgeber diese Pflichten nicht wahr, so kann die Personalabteilung seine Zustimmung für einen stattdessen gewählten Bewerber nach § 99 Absatz 2 des Betriebsverfassungsgesetz verweigern.
Findet sich ein Bewerber mit Behinderung, so muss der Arbeitgeber diesen auch zum Vorstellungsgespräch einladen. Vorausgesetzt, der Bewerber bringt die entsprechenden Qualifikationen mit. Dies regelt § 165 SGB IX.
Des Weiteren besagt § 154 SGB IX , dass der Arbeitgeber bei durchschnittlich mindestens 20 Arbeitsplätzen pro Monat, wenigstens 5 Prozent davon mit schwerbehinderten Menschen besetzen muss.
In diesem Fall entspricht dies einem behinderten Mitarbeiter auf 20 Beschäftigte. Passiert dies nicht, so muss der Arbeitgeber für jeden unbesetzten Platz eine Ausgleichsabgabe zahlen (§ 160 SGB IX):
(2) Die Ausgleichsabgabe beträgt je unbesetztem Pflichtarbeitsplatz<
- 125 Euro bei einer jahresdurchschnittlichen Beschäftigungsquote von 3 Prozent bis weniger als dem geltenden Pflichtsatz,
- 220 Euro bei einer jahresdurchschnittlichen Beschäftigungsquote von 2 Prozent bis weniger als 3 Prozent,
- 320 Euro bei einer jahresdurchschnittlichen Beschäftigungsquote von weniger als 2 Prozent.
§ 160 Absatz 2 SGB IX
Die entsprechenden Daten sind jährlich an die Agentur für Arbeit zu vermitteln. Erkennbar ist, dass es sich hierbei um recht moderate Summen handelt.
#2: Zusätzlicher Urlaub für Schwerbehinderte
Schwerbehinderte Arbeitnehmer haben grundsätzlich einen Anspruch auf ein paar Urlaubstage mehr im Jahr. Dies regelt § 208 SGB IX. Die Anzahl der zusätzlichen Tage ist abhängig davon, wie viele Arbeitstage die Pflegekraft normalerweise pro Woche absolviert.
Arbeitet die behinderte Pflegekraft an 5 Tagen die Woche, so stehen ihr jährlich 5 zusätzliche Urlaubstage zu. Bei einer 3‑Tage-Woche wären es 3 zusätzliche freie Tage etc. Die Zahl kann sich sogar noch erhöhen, wenn tarifliche, betriebliche oder sonstige Urlaubsregelungen im Betrieb gelten.
#3: Freistellung von Mehrarbeit
§ 207 SGB IX besagt, dass eine schwerbehinderte Arbeitskraft auf Verlangen von der Mehrarbeit freigestellt werden muss. Mehrarbeit heißt in diesem Fall, dass die Person die tägliche Maximalarbeitszeit von 8 Stunden ( in Anlehnung an § 3 Satz 1 ArbZG) überschreitet.
Schwerbehinderte Kräfte haben in diesem Fall die Wahl: Sie dürfen auf ihren Wunsch auch Überstunden leisten, können aber auf Verlangen ebenso darauf verzichten.
#4: Besonderer Schutz vor Kündigungen
Will der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis zwischen den beiden Parteien kündigen, so muss dieser sich nach § 168 SGB IX die Zustimmung des Integrationsamtes beschaffen. Dazu ist ein schriftlicher Antrag mit Angaben zum Arbeitnehmer, zum Betrieb und zur Art der Kündigung von Nöten. Anschließend holt sich das Amt eine Stellungnahme des Betriebsrates sowie der Schwerbehindertenvertretung ab.
Auch der betroffene Mitarbeiter wird zur Äußerung gebeten. Das Integrationsamt prüft nur, ob die Kündigung im Zusammenhang mit der Behinderung des Mitarbeiters steht. Widerspricht das Amt dem Vorhaben des Arbeitgebers, so ist die Kündigung sofort unwirksam. Gibt es jedoch die Zustimmung, so hat dieser einen Monat Zeit, um die Kündigung zu erklären (siehe §§ 170 und 171 SGB IX).
Der Arbeitgeber selbst muss die Schwerbehindertenvertretung im Vorfeld der Kündigungsabgabe anhören, sonst ist die Kündigung im Sinne des § 178 Absatz 2 Satz 3 SGB IX ebenfalls ungültig.
Ob sich der Arbeitgeber zuerst an das Integrationsamt oder an die Schwerbehindertenvertretung wendet, obliegt nach einem Urteil des BAG vom 13. Dezember 2018 – 2 AZR 378/18 gänzlich ihm.